Dilek Gürsoy im MyGrandStory Podcast
Dilek Gürsoys GrandStory
Dilek Gürsoy hat als Herzchirurgin fachlich alles erreicht, was es in ihrem Beruf zu erreichen gibt. Sie hat zahlreiche Kunstherzimplantationen durchgeführt, war im Jahr 2012 die erste Frau Europas, die einem Patienten ein totales Kunstherz implantiert hat und wurde vom German Medical Club als Ärztin des Jahres 2019 ausgezeichnet.
Und dennoch oder gerade deshalb spricht sie davon, dass Frauen im Metier der Herzchirurgie nicht die gleichen Aufstiegschancen haben wie Männer und es eine unsichtbare Hierarchiegrenze gibt, die Frauen bis heute nicht durchbrechen konnten. De facto gibt es im Jahr 2020 keine Chefärztin einer Herzchirurgie in Deutschland.
Denn während 61 Prozent aller Medizinstudierenden weiblich sind, ändern sich die Verhältnisse gänzlich, sobald es um Führungspositionen geht. Denn nur 31 Prozent der Oberärzte und 14 Prozent der Medizinprofessoren sind weiblichen Geschlechts. Es ist ein Gastarbeiterkind, das diese Diskrepanz in die Öffentlichkeit trägt und von einer „gläsernen Decke“ für Frauen im Arztberuf spricht.
Dilek ist einfach exzellent, in dem, was sie macht. Als Kind türkischer Gastarbeiter in Neuss geboren, stirbt ihr Vater, als sie zehn Jahre alt ist an einem Herzklappenfehler. Die Mutter, ohne Schulbildung und Analphabetin, schiebt von dieser Zeit an Doppelschichten am Fließband, um ihren drei Kindern ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen.
Für Dilek ist es immer ihre Mutter, wenn sie an ihre Leistungsbereitschaft und Zähigkeit erinnert wird, mit der sie es bis zur wohl renommiertesten Herzchirurgin Deutschlands gebracht hat, und zur Vorkämpferin auf dem Gebiet der Gleichberechtigung in der Herzchirurgie.
Wer ist Dilek Gürsoy?
Dilek Gürsoy ist eine 1976 in Neuss geborene Herzchirurgin und Expertin auf dem Gebiet von Kunstherzimplantationen. Sie legte ihr Abitur am Quirinus-Gymnasium in Neuss ab und studierte bis zum Jahr 2003 Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.
Nach dem Studium war sie an verschiedenen Krankenhäusern als Assistenz-, Fach- und Oberärztin im Team des renommierten Herzchirurgen Prof. Dr. med. Reiner Körfer tätig, unter anderem in Bad Oeynhausen, Essen, Duisburg, Bremen und Siegburg.
Sie hat eine Privatpraxis für Herzchirurgie in Düsseldorf und ist gleichzeitig Chefärztin der Kardiochirurgie an der Privatklinik Clinic Bel Etage Düsseldorf.
Neben ihrer Tätigkeit als Herzchirurgin hat sich Dilek Gürsoy als Buchautorin einen Namen gemacht. Ihr Buch „Ich stehe hier, weil ich gut bin. Allein unter Männern: Eine Herzchirurgin kämpft sich durch“ erschien am 4. September 2020.
Was macht Dilek Gürsoy außergewöhnlich?
Die Ärztin und Herzspezialistin Dilek Gürsoy hat im Jahr 2012 als erste Frau in Europa eine Kunstherz-Operation durchgeführt und sich in der als Männerdomäne geltenden Herzchirurgie als Frau durchgesetzt.
Sie hat seit dem Jahr 2010 insbesondere an einem neuartigen Linksherzunterstützungssystem gearbeitet und schwerpunktmäßig an einem „totalen Kunstherzsystem“ geforscht und sich hier auch in der Praxis Meriten erworben. Im Jahr 2019 wurde sie mit dem German Medical Award in der Kategorie Medizinerin des Jahres ausgezeichnet.
Sie engagiert sich in unterschiedlichen Vereinigungen, tritt als Keynote Speaker auf – auch mit der Intention, das Thema Kunstherz mehr in den Fokus zu rücken – und fungiert unter anderem als Mentorin bei der Initiative Women into Leadership und als Kampagnenbotschafterin der Deutschlandstiftung Integration.
Seit September 2022 ist in der türkischen Gemeinde Aybastı am Schwarzen Meer eine Straße nach der Ärztin benannt.
Warum hat Dilek Gürsoy eine GrandStory?
Dilek Gürsoys Eltern kamen als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland. Als Dilek zehn Jahre alt ist, stirbt ihr Vater an einem Herzklappenfehler, und die Familie mit drei Kindern ist in Folge dessen finanziell schwer angeschlagen. Ein Schicksal, das sie übrigens mit unserer weiteren GrandStory, Linda Zervakis, teilt.
Ihre Mutter, eine Analphabetin, die sich selbst Lesen und Schreiben beibrachte, wird zur Alleinverdienerin und schiebt am Fließband Sonderschicht um Sonderschicht, um ihren drei Kindern die Möglichkeit zu geben, in Deutschland höhere Bildung zu erlangen. Obwohl sich die Grundschullehrer skeptisch zeigen, schafft Dilek Gürsoy auch dank der unermüdlichen Unterstützung eines deutschen Ehepaares den Übertritt aufs Gymnasium und meistert dort ihr Abitur.
Für ein Medizinstudium – Dileks Berufswunsch seit Kindertagen – reicht ihr Notenschnitt jedoch nicht. Erst über den Medizinertest schafft sie es, einen Studienplatz an der Universität Düsseldorf zu erhalten und findet hier ihre Berufung in der bis heute stark von Männern dominierten Herzchirurgie.
Ausgestattet mit einem großen Kämpferherz, Ehrgeiz und einer gehörigen Portion Disziplin und Talent gelingt es Dilek Gürsoy, sich über 17 Jahre hinweg zu einer Koryphäe auf dem Gebiet der mechanischen Kreislaufunterstützungssystemen zu entwickeln.
Als 36jährige Herzchirurgin schafft sie dann die berufliche Sensation: Sie implantiert als erste Frau in Europa einem Patienten ein totales Kunstherz und durchstößt so endgültig die „gläserne Decke“, an der Frauen trotz hervorragender Leistungen zu scheitern drohen, wenn sie nicht auch die Lorbeeren des Erfolgs einfordern.
Dilek Gürsoy ist zielstrebig geblieben, hat sich als Gastarbeiterkind aus einem bildungsfernen Milieu bis zur Ärztin hochgearbeitet, sich als eine von wenigen Frauen in der Herzchirurgie durchgesetzt und arbeitet heute mit all ihrem Elan und ihrer Schaffenskraft daran, ein Kunstherzzentrum in Deutschland zu etablieren.
Foto Dilek Gürsoy: (c) Sepp Spiegl
Weiterführende Artikel zu Dilek Gürsoy:
- Wikipedia
- Handelsblatt: „Gott hat mir die Hände dafür gegeben, Leben zu retten“
- Ärztestellen: „Für Frauen ist die gläserne Decke real“
- Ärztezeitung: Was macht die Schönheit der Herzchirurgie aus?
- Büchermenschen: Neue Türen aufstoßen
- Her Career: „Eine Herzchirurgin muss in Vollzeit arbeiten? Das ist doch Quatsch“
- Her Career: „Ich bin hier, weil ich gut bin.“
- Deutschlandfunk Kultur: „Es gibt nichts Schöneres, als ein schlagendes Herz zu sehen“