Naika Foroutans GrandStory
Flucht, Heimat, Migration – das alles sind gesellschaftliche, politische und soziale Themen, die Deutschlands intellektuelle Debatte im 21. Jahrhundert fordern und anheizen. Naika Foroutan besitzt nicht nur als Sozialwissenschaftlerin, Autorin und Professorin, sondern vor allen Dingen als Transmitter zwischen den Kulturkreisen, in dieser Debatte eine außergewöhnliche Rolle.
Als Kind einer deutschen Mutter und eines iranischen Vaters, als Migrantin in zwei Richtungen und als Flüchtlingskind, das mit 12 Jahren nach Deutschland kam, weiß Naika Foroutan, wie es sich anfühlt, Heimat, Verwandte und liebgewonnene Freunde zu verlassen, um sich an einem anderen Ort neu zu verwurzeln.
Mit ihren vielfach ausgezeichneten Forschungsergebnissen ist es ihr gelungen, auf Basis fundierter Empirie, Licht ins Dunkel der Debatte zu bringen und den Diskurs an wesentlichen Stellen zu verwissenschaftlichen. Sie versinnbildlicht mit ihrer Biographie – vom Flüchtlingskind zur Professorin – die Entwicklungspotentiale, die in deutschen GrandStories stecken.
Wer ist Naika Foroutan?
Naika Foroutan, 1971 in Boppard in Rheinland-Pfalz geboren, ist eine an der Humboldt-Universität Berlin lehrende Professorin für Integrationsforschung sowie Gesellschaftspolitik und Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung.
Außerdem ist sie Leiterin des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung, einem Zusammenschluss von sieben deutschen Universitäten. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem die Themen Migration und Integration, Islam- und Muslimbilder in Deutschland, Identität und Hybridität, politischer Islam und die gesellschaftliche Transformation von Einwanderungsländern.
Was macht Naika Foroutan außergewöhnlich?
Wenn man Naika Foroutan sprechen hört, dann klingt sie ruhig, zurückhaltend und wägt ihre Worte klar ab. Sie hat sich ihren Ruf als intellektuelles Schwergewicht nicht über das Hauruckverfahren erarbeitet, sondern ist auf leisen Pfoten mit aufschlussreichen, empirisch fundierten Kontraindikationen in die öffentliche Migrationsdebatte eingestiegen.
Naikas akademische Vita liest sich wie ein Medaillenspiegel. 2006 mit dem Dissertationspreis der Universität Göttingen ausgezeichnet, erhielt sie 2011 den Berliner Integrationspreis, 2012 den Wissenschaftspreis der Fritz-Behrens-Stiftung für exzellente Forschung sowie 2016 den Höffmann-Wissenschaftspreis der Universität Vechta.
Warum hat Naika Foroutan eine GrandStory?
Geboren wurde Naika Foroutan 1971 in Boppard am Rhein. Die Mutter Deutsche, der Vater Iraner. Als sie ein kleines Mädchen war, zog die Familie in den Iran. Als das politische System im Iran mehr und mehr erodierte und der Vater ins Visier des Regimes geriet, war die Familie gezwungen, nach Deutschland zurückzukehren – und Naika Foroutan lernte als 12jährige den Schmerz kennen, Freunde und Verwandte zurückzulassen und als Geflüchtete ein neues Leben zu beginnen, ähnlich wie Mohanna Azarmandi.
Daher rührt ihre intrinsische Motivation, Heimat, Heimatlosigkeit, Flucht und Migration aus einer intellektuellen Perspektive zu begreifen und sich wissenschaftlich damit auseinanderzusetzen. Sie studierte in Köln Politikwissenschaft und promovierte an der Georg-August-Universität Göttingen. 2015 wurde sie an der Berliner Humboldt-Universität zur Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik berufen.
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Naika bekannt, als sie im Jahr 2010 Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ aus einer wissenschaftlichen Perspektive kommend dekonstruierte. Sie profilierte sich insbesondere als Antipodin und bestes Gegenbeispiel zur angestoßenen Integrationsdebatte: Migrantin, hochgebildet und Universitätsprofessorin an einer deutschen Elite-Universität. Migration als Phänomen begreifen und sich intellektuell daran abarbeiten, das sieht Naika Foroutan als ihre große Aufgabe – und das gelingt ihr.
Foto Naika Foroutan: (c) Rasmus Tanck
Weiterführende Artikel zu Naika Foroutan:
- FAZ: „Wir brauchen eine Debatte über uns selbst“
- SZ: „Deutschland steht unter erheblicher Spannung“
- Deutschlandfunk Kultur: „Wo kommst du her?“
- TU Dresden: Interview mit Naika Foroutan
- BR: „Was Ostdeutsche und Migrant*innen gemeinsam haben“
- Berliner Zeitung: „Wer Deutschland bewohnt, ist Deutscher“
- MDR: „Was Ostdeutsche und Migranten vereint“